Renaissance
Der Weg ins Freie
Es ist an der Zeit, Fenster aufzureißen: Die Luft in den Zimmern war über die Jahre stickig geworden Am 26. April 1336 n.Chr. bestetigt Francesco Petrarca zusammen mit seinem Bruder den Mont Ventoux. Der Denker tritt6 vor die Tür: In der offenen, weiten Landschaft lässt es sich freier atmen. Und viele sind neugierig auf das, was sich dort draußen erwartet. Und die eigene Zeit ins rechte Licht zu rücken, sprechen Gelehrte von den “Jahrhunderten”. Lange Zeit, so der Vorwurf, wurden immer wieder die gleichen Schriften und Quellen hinter verschlossenen Klostertüren gelesen, kopiert und gedeutet. Galt die Neugier zuvor als unnütz, ja sogar als gefährlich, weil sie von Gott ablenkte, macht man sich nun auf, Neues zu entdecken. Die Welt selbst wird zum Forschungsgegenstand.
Seeleute verlieren die Angst, von der flachen Erdscheibe herunterzufallen. Kontinente werden entdeckt. Auf der Titelseite der Schrift “Große Entdeckung” des englischen Philosophen und Staatsmannes Francis Bacon ist ein Schiff zu sehen, wie es durch die Meeresenge von Gibraltar das Mittelmeer (und dann die damalige Welt) verlässt. Bacon fordert dazu auf neue Gedankenkontinente zu entdecken und Grenzen des Denkens hinter sich zu lassen. Dazu gehört zunächst auch, die Beschaffenheit menschlicher Vorurteile aufzudecken. Bacon ist Wegbereiter der auf Erfahrungh gestützten Wissenschaft.
(Painted in 1511, it stands one among the four main frescos on the walls of Apostolic Palace in the Vatican. The four frescos symbolize Philosophy, Poetry, Theology, and Law. The painting symbolizes philosophy because it is said the painting is a representation of the finest period of Greek Philosophy as one can find Aristotle and Plato in the center of the painting. This painting has perfectly captured the classical spirit of the Renaissance.)
So tritt neben die Auslegung der Bibel das Studium eines zweiten “Buches” Gottes; der Natur, Gottes Schöpfung. Die Erforschung der Natur löst sich von den kirchlicn Fesseln.
Ein wichtiger Motor in der wissenschaftlichen Entwicklung ist die Medizin, die mit einschneidenden Maßnahmen dem Menschen zu Leibe rückt. Alles kann nun zum Gegenstand des winhaftlichen Interesses werden..
Von Galilei bis Newton wird eine wissenschaftliche Methodik ausgearbeitet, die als Grundlage de physikalischen Weltbildes der folgenden Jahrhunderte gilt. Technische Erfolge treiben die Entwicklung voran. Parallel zu dieser Entwicklung wird ein neues Selbstverständnis und Selbstbewusstsein des Menschen ausgebildet. Im 15.Jahrhundert werden Originalwerke der antiken Philosophen gefunden, wiederentdeckt und neu gelesen. Die “Wiedergeburt” (Renaissance) des griechischen Denkens wendet sich gegen die in Lehrformeln erstarrte Scholastik. Der freie Bürger der Antike wird zum Vorbild des eigenen Lebens. Diese Freiheit zeigt sich auch im Feld der Religion.
Es ist Martin Luther, der die Anschauungen über die Stellung des Menschen zu Gott reformiert. Seine Übersetzung der Bibel ermöglicht auch praktisch ein persönliches Verhältnis des freien Christenmenschen zu Gott. Eine politische Spätfolge der Reformation zeigt sich im Dreißigjährigen Krieg, in dem die Auseinandersetzungen zwischen protestantischen und katholischen Ländern zu einer Verwüstung weiter Teile Europas führen.. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen formuliertz Thomas Hobbes, dass der Mensch im Naturzustand dem Menschen ein Wolf ist. Ein starker Staat muss den Wolf im Menschen bändigen.
Damit unterscheidet er sich von Machiavelli, der gut hundertdreißig Jahre zuvor ungeschminkte Wahrheiten über den Politikbetrieb seiner Zeit aussprach. Ihm galt Politik als ein Feld, in dem Lüge und Gewalt erlaubt sein müssen. Politik und Moral hatten für ihn nichts miteinander zu tun. Disen pessimistischen Vorstellungen tritt nun ein optimistisches Denken entgegen, das eine friedliche, gerechte und technisch fortgesc hrittene Gesellschaft entwirft. Der Begriff der Utopie stammt aus dieser Zeit.
Am Ende der Epoche resümiert Leibniz: “Wenn somit das geringste Übel, das in der Welt eintrifft, fehlte, es wäre nicht mehr diese Welt, die, alles in allem,. von dem sie auswählenden Schöpfer als die beste befunden worden ist.” (Theodizee).
Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht zu Unrecht Ventosus, “den Windigen”, nennt, habe ich am heuitigen Tag bestiegen, allein vom Drang beseelt, diesen außergewöhnlichen hohen Ort zu sehen. Viele Jahre lang hatte mir diese Besteigung im Sinn gelegen; seit meiner Kindheit habe ich mich nämlich, wie Du weißt, in der hiesigen Gegend aufgehalten, wioe eben das Schicksal mit den Leben der Menschen sein wechselvolles Spiel treibt. Dieser Berg aber, der von allen Seiten weithin sichtbar ist, steht mir fast immer vor Augen. Es ergreiftf mich nun das ungestüme Verlangen, endlich einmal auszuführen, was ich täglich hatte ausführen wollen, besonders nachdem mir am Vortag, als ich die römische Geschichte bei Livius nachlas, zufällig jene Stelle begegnetwar, wo Philipp, der König von Makedonien – derselbe, der mit dem römischen Volk Krieg geführt hat – den Haemus,
einen Berg in Thessalien, bestieg. Er hatte nämlich dem Gerücht Glauben geschenkt, man könne von sein en Gipfel aus zwei Meere sehen, das Adriatische und das Schwarze Meer. Ob zu Recht oder zu Unrecht, habe ich niocht genügend in Erfahrung bringen können, weil die Sache dadurch unsicher wird, das der Berg von unserer Welt weit entfernt ist und die Schriftsteller darüber verschiedener Meinung sind.(Francesco Petrarca “Die Besteigung des Mt. Ventoux”)